Flüchtlingshilfe in Griechenland

vom Verein Respekt für Griechenland e.V. durch Entsendung von Freiwilligen Berichte aus Lesbos und Athen

Volunteers for Lesvos

Respekt für Griechenland
www.respekt-für-griechenland.de

Stand September 2017

Über das Projekt

Nach einem Aufruf zur Unterstützung lokaler Flüchtlingsinitiativen auf Lesbos im September 2015 entstand in kürzester Zeit das Hilfs- und Solidaritätsprojekt Volunteers for Lesvos, dessen Kern ein wechselndes Team von durchschnittlich sechs Freiwilligen ist (gegenwärtig zehn).Wir konnten dabei auf Erfahrungen von Personen zurückgreifen, die bei „Respekt für Griechenland“ mitarbeiten und bereits im Sommer 2015 auf Lesbos aktiv waren. Das Projekt wird von Anja Schneider, im Wesentlichen von Berlin aus, geleitet. Koordiniert vor Ort wird es jeweils von einem Teammitglied, das über einen langen Zeitraum bleiben kann und/oder zum wiederholten Mal mitarbeitet.

Was genau wann wie getan wird, soll das jeweilige Team nach Analyse der Situation in Absprache mit anderen Initiativen und Hilfsorganisationen selbst entscheiden. Alle Tätigkeiten stehen unter dem Anspruch, den Menschen auf der Flucht, den Einheimischen, anderen Freiwilligen und den eigenen Teammitgliedern mit Einfühlung und Achtung auf Augenhöhe zu begegnen.

Detaillierte Berichte zur Situation und zur Arbeit auf Lesbos finden sich auf unserem Blog:

https://volunteersforlesvos.wordpress.com/

Erste Projektphase:  Oktober 2015 bis März 2016

 Von November 2015 bis März 2016 halfen die Teilnehmer*innen vor allem bei der Erstbetreuung der Menschen, die völlig durchnässt und unterkühlt die Strände von Lesbos erreicht hatten, und kümmerten sich um die tägliche Versorgung der Angekommenen mit Essen und Kleidung. Von Januar bis 20. März 2016 landeten allein auf Lesbos über 85.000 Flüchtende.

Die Entscheidung, auf Lesbos zu bleiben   

In Folge des Abkommens der EU mit der Türkei vom 20. März 2016 kamen nur noch wenige Boote auf Lesbos an, viele unabhängige Strukturen wurden abgebaut, obwohl sie für die Unterstützung der ankommenden Menschen eine essentielle Rolle spielten. Unser Team ist trotzdem geblieben, während andere Gruppen und Hilfsorganisationen sich zurückzogen – eine Entscheidung, die sich als richtig erwiesen hat.

Zweite Projektphase: April 2016 bis zur Gegenwart

Lesbos ist weiterhin ein Brennpunkt: Dort leben mehrere tausend Schutzsuchende, 2000 – 3000 im berühmt/berüchtigten Hotspot Moria.

Das Camp war lange Zeit völlig überbelegt, kurz nach dem EU/Türkei Deal wurden in Moria rund 4500 Menschen auf engstem Raum festgehalten – bei völlig unzureichender Versorgung auch im juristischen und medizinischen Bereich. Noch  im Winter 2016/17 mussten dort viele in Camping-Zelten ausharren, die kaum Schutz gegen Kälte und Nässe boten und im Januar 17 unter der Schneelast zusammenbrachen. Erst in Folge wurden zusätzliche Wohncontainer aufgestellt.

Nach einer kurzen Phase der Besserung hat sich die Situation wieder dramatisch verschlechtert, zumal in den letzten Wochen (Juni/Juli) vermehrt Boote ankamen.

Die Verteilung und die Qualität des Essens ist nach wie vor ein großes Problem, die medizinische, psychosoziale und juristische Betreuung wurde durch finanzielle Kürzungen weiter eingeschränkt.

Das betrifft nicht nur Moria, es fehlt grundsätzlich an Ärzten, Psychologen, Übersetzern und Anwälten. Die Geflüchteten warten teilweise Monate auf ihre Anhörung. Es gibt keine reguläre Rechtsberatung, die die Ankommenden über ihre Rechte oder den Verlauf des Asylverfahrens aufklärt. Die wenigen NGOs und Anwälte, die Beratung und Vorbereitung auf das Asylverfahren anbieten, können die Zahl der Anfragen kaum bewältigen.

Viele der Schutzsuchenden leben in Angst vor einer Abschiebung in die Türkei, aus Verzweiflung kommt es wiederholt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Das führt dazu, dass eine zunehmende Anzahl Menschen den Aufenthalt im Camp fürchtet, sie schlafen in leerstehenden Gebäuden oder am Strand und fallen so aus der Versorgung heraus.

Daneben leben über 1000 weitere Geflüchtete auf Lesbos. Einige wenige in Wohnungen, der Großteil in weiteren, besser ausgestatteten Camps. Es gibt spezielle, angenehmere Unterkünfte für „vulnerable cases“, „Härtefälle“, zu denen u.a. chronisch Kranke, Menschen mit Behinderung, Schwangere oder  alleinerziehende Mütter gehören.

Für unabhängige Volunteers wurde es durch Reglementierungen schwieriger, nach Moria und in die anderen Camps hineinzukommen. Deshalb kooperieren unsere Teammitglieder mit NGOs, die eine Zugangsberechtigung haben.

Tätigkeiten:

Die Arbeit reicht von Alltagsfürsorge bis zu professioneller Unterstützung. Das bedeutet konkret:

  • Schichtdienst, auch abends und nachts, v.a. in den Camps
  • Essensausgabe
  • Sortieren und Verteilen von Kleidung
  • Workcamps zusammen mit Bewohnern, u.a. zur Reparatur oder Verschönerung ihrer Unterkünfte
  • Unterrichten (z.B. Deutsch/Englisch)
  • Anbieten weiterer Aktivitäten wie z.B. Spielen mit den Kindern, Ausflüge, Sport, Musik…
  • Ganz wesentlich: einfach nur zuhören, miteinander sprechen
  • Übersetzen/Ermöglichen von Kommunikation (u.a. auch bei Arztbesuchen und Rechtsberatung) durch Projektteilnehmer, die Arabisch oder Farsi sprechen
  • Versorgung/Unterstützung besonders Bedürftiger/Kranker durch medizinisch und psychologisch geschulte Teammitglieder
  • Mithilfe z.B. beim Einlegen von Widerspruch in den Asylverfahren durch Jurist*innen.
  • Anregung und Koordination gemeinsamer Aktivitäten mehrerer Initiativen und NGOs
  • Mithilfe bei Versorgung von Geflüchteten ohne feste Unterkunft in Kooperation mit No-Border-Kitchen
  • Beteiligung an der Beobachtung des Meeres und ggf. der Sicherstellung der Erstversorgung am Strand (es kommen immer noch Boote an, wenn auch wenige)
  • Dazu kommen Recherche von Informationen, die Teilnahme an Veranstaltungen der UNCHR und Meetings mit anderen NGOs sowie das Schreiben von Berichten.

Teilnahmebedingungen

Mindestaufenthalt: Es braucht einige Zeit, um sich zu orientieren und einzuarbeiten. Daher nehmen wir inzwischen nur noch Freiwillige, die mindestens vier Wochen oder länger im Projekt mitarbeiten können. Ausnahmen machen wir gelegentlich bei Personen, die Arabisch, Farsi, Urdu, Französisch oder Griechisch sprechen und/oder medizinische, juristische oder psychologische Kompetenzen haben.

Wohnsituation: Unsere Basis ist eine einfache Wohnung in Mytilini (der Hauptstadt). Sie hat Küche, Bad, ein Wohnzimmer und sechs bis acht Schlafgelegenheiten. Je nach Größe des Teams teilen sich jeweils zwei bis drei Teilnehmer/innen ein Zimmer.

Zuschuss zu den Reise- und Lebenshaltungskosten: Die Arbeit ist ehrenamtlich. Bei Bedarf gibt es einen Zuschuss von maximal 300 € für Hin- und Rückflug und bis zu 12 €/ pro Tag für Verpflegung. Die Unterkunft und die Nutzung eines Mietwagens werden dem Team kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Es hat sich gezeigt, dass etwa zwei Drittel der im Team Mitwirkenden ganz oder teilweise auf  Zuschüsse angewiesen sind. Niemand wird abgelehnt, weil sie oder er die Kosten nicht selbst aufbringen kann. Das unterscheidet uns von so manchen anderen Organisationen, die Freiwillige suchen, aber nur „Selbstzahler“ nehmen. Auch in dieser Hinsicht verstehen wir uns als ein Solidaritätsprojekt.

Planungsstand

Wir möchten das Projekt, das auch vor Ort sehr geschätzt wird, erhalten und die Arbeit fortsetzen, solange Bedarf besteht. Unser Team hat schon mehrfach bewiesen, dass es sich kurzfristig auf neue Anforderungen einstellen kann. Da weiterhin viele unterschiedlich qualifizierte Bewerber*innen bei uns anfragen, stellt die Projektleiterin das sich laufend erneuernde Team gezielt so zusammen, dass es schnell und flexibel auf den jeweils vordringlichen Bedarf antworten kann. Die Volunteers for Lesvos haben so mehr als genug zu tun –  nicht am Rand, sondern im Zentrum des Fluchtelends.

Kontakt

Das Projekt „Volunteers for Lesvos“ ist erreichbar über: Initiative-rfg@posteo.de Ansprechpersonen: Herbert Nebel, Anja Schneider, Hilde Schramm, Julius Verrel

Wer sich beteiligen möchte, schreibe uns, wann und wie lange eine Mitarbeit möglich ist. Weiterhin bitten wir um folgende Angaben: Ausbildung, berufliche Tätigkeiten, Alter, gesellschaftspolitisches Engagement, insb. im Bereich Migration oder Flüchtlingsarbeit, Sprachkenntnisse (Englisch ist Voraussetzung), insb. Arabisch, Farsi/Dari, Französisch, Griechisch; Auslandsaufenthalte, Fahrerlaubnis sowie sonstige Kompetenzen und Erfahrungen, die für eine Mitarbeit nützlich sein könnten. Telefon- oder Handynummer bitte nicht vergessen.

 Spendenkonto  für die Flüchtlingsarbeit in Griechenland
GLS Bank, Kontoinhaber: Respekt für Griechenland e.V.

IBAN: DE15 4306 0967 1175 7746 02,  BIC: GENO DE M 1 GLS

Steuernummer: 27 / 676/ 52054  Spendenbescheinigungen werden bei Angabe von Name und Anschrift ausgestellt.

 

© 2024 Flüchtlingshilfe in Griechenland

Thema von Anders Norén